Donnerstag, 10. Januar 2008
Bildung statt Drill
Jugendgewalt: Katholische Jugend kritisiert Koch und CSU
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Andrea Hoffmeier, BDKJ-Bundesvorsitzende; Quelle: BDKJ

Berlin, 9. Januar. Angesichts der andauernden Debatte über Jugendgewalt, erklärt die Bundesvorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend, Andrea Hoffmeier heute in Berlin:
„Wer zündelt, muss sich nicht wundern, wenn ein Feuer ausbricht, das er nicht mehr löschen kann. Es ist das zweite Mal, dass Ministerpräsident Koch in seinem Wahlkampf populistisch Ängste von Menschen auf Kosten von Minderheiten schürt und einfache Rezepte verkündet.

Jetzt rückt auch noch die CSU das Jugendstrafrecht in den Wahlkampf. Damit drohen im Schnellschuss Gesetze verabschiedet zu werden, die die Probleme verschärfen, anstatt sie zu lösen, vom gefährlichen Schüren von Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus ganz zu schweigen. Grundsätzlich zeigen alle Statistiken und Erfahrungen: Hohe Strafen verhindern Kriminalität nicht. Gewalt ist für einen Teil der jungen Menschen das Mittel, um sich gegen vermeintliche Angriffe zu wehren und oft auch eine Reaktion auf Frustration, Ängste und Sorgen. Diese oft aufgestaute Wut, die sich Bahn bricht, denkt nicht an mögliche Folgen. Das Konzept „Abschreckung durch Strafe“ versagt folglich.

Dies ist keine Entschuldigung, sondern soll deutlich machen, welche Handlungsansätze Erfolg versprechen und welche lediglich populistische, Sicherheit vorgaukelnde Argumente darstellen. Fachleute wissen: Das Jugendstrafrecht reicht vollkommen aus, aber die Rahmenbedingungen stimmen nicht. Es fängt wie immer – auch wenn viele es sozialpädagogisches Geschwätz nennen - mit der Prävention an. Wir lassen als Gesellschaft zu, dass immer mehr Kinder und Jugendliche für sich keine Zukunftschancen sehen und solche auch definitiv nicht haben. Studien wie Pisa belegen das.

Bei näherer Betrachtung löst sich auch der immer wieder betonte und jetzt dem Wahlkampf dienende Aspekt der nationalen Herkunft der Täter in Wohlgefallen auf. Denn es sind nicht Kinder gut situierter, ausländischer Bildungsbürger, die straffällig werden. Es sind Jugendliche aus „Unterschichtsfamilien“, deren Probleme wie mangelnde Bildung, denen junger, deutscher Straftäter ähneln. Alle Straftäter sind auch ein Produkt unserer Gesellschaft. Soziale Integration ist und bleibt daher die beste Verhinderung von Gewalt.

Auch rund um den Jugendstrafvollzug müssen sich Dinge verbessern. Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten, angemessene Hilfen für die Entlassungsvorbereitung und die Phase nach der Entlassung, eine jugendgerechte Unterbringung und genügend sozial-pädagogisch und therapeutisch geschultes Personal: Das alles ein moderner und effektiver Strafvollzug. Vor diesem Hintergrund wird noch deutlicher, wie folgewidrig die Forderungen nach „Warnschussarresten“ – in ohnehin überfüllten Gefängnissen – und die Erhöhung der Strafe auf 15 Jahre sind. Experten wissen, dass Gefängnisaufenthalte kriminelle Karrieren eher fördern, anstatt sie zu verhindern. Ein Ausbau des Täter-Opfer-Ausgleichs nach Straftaten, der dem Täter die Sichtweise des Opfers nahe bringt, erscheint da sinnvoller.

Bei allem müssen wir im Blick behalten, dass wir als demokratische, christliche - oder humane - Gesellschaft, neben dem berechtigten Anliegen nach Schutz, Menschen nicht einfach wegschließen können. Wir müssen sie in die Gesellschaft integrieren. Und Integration in eine demokratische Gesellschaft kann nicht durch Wegschließen oder Drill, sondern nur durch Bildung gelingen.“

Der BDKJ ist Dachverband von 15 katholischen Kinder- und Jugendverbänden mit rund 650.000 Mitgliedern. Er vertritt ihre politischen, sozialen und kirchlichen Interessen.

Link: BDKJ-Bundesebene

Jugendarbeit im BDKJ

Rund 30.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Hessen engagieren sich ehrenamtlich in der katholischen Jugendarbeit. Die unterschiedlichen Jugendverbände und Gruppen gestalten ihre Arbeit selbstbestimmt, demokratisch und am Evangelium Jesu Christi orientiert.

Zum BDKJ Hessen gehören die Diözesanverbände Fulda, Limburg und Mainz.