Freitag, 01. Oktober 2010
Israel - Eine Bildungsfahrt
Bericht einer Teilnehmerin
GruppeMassada

Die Reisegruppe in Massada

Am Abend des 19. September 2010 startete am Frankfurter Flughafen eine 18-köpfige Reisegruppe zu einer vom Bund der katholischen Jugend des Bistums Limburg in Kooperation mit der Katholischen Fachstelle für Jugendpastoral Taunus organisierten einwöchigen Bildungsfahrt nach Israel.

Nach einem vierstündigen Flug und einer langwierigen Prozedur durch die Passkontrollen nahm uns gegen vier Uhr am Morgen unser deutschsprachiger Reiseleiter entgegen. Er lotste uns sofort zum abfahrbereiten Bus, der uns auf direktem Weg in die Wüste Judäa bringen würde. Nach einem Frühstück unter Palmen machten wird uns von dort zu einem zweistündigen Aufstieg zum israelischen Nationalheiligtum Masada auf. Gestärkt von Humus (Kichererbsenmus), Fladenbrot und Quark marschierten wir gegen acht Uhr los, um die nächsten zwei Stunden in brütender Wüstenhitze den vor uns liegenden Berg zu erklimmen. Dabei erfuhren wir, dass wir auf dem Weg wanderten, den die Römer seinerzeit genommen hatten, als sie die Festung Masada, die über lange Jahre als uneinnehmbar galt, belagerten. Wir sahen aus der Ferne die Umrisse der Römerlager, die von Archäologen freigelegt worden waren und die Rampe, deren Bau letztlich ausschlaggebend für den Erfolg der Römer zur Eroberung der Feste geworden war. Und wir erfuhren, warum Masada heute als Nationalheiligtum Israels gilt. Denn der kollektive Selbstmord der Einwohner von Masada, der verhindern sollte, die Demütigungen der Eroberer erdulden zu müssen, spiegelt wieder, dass sich das jüdische Volk nicht ohne Widerstand in sein Schicksal ergeben wird – nie wieder. Dieser Gedanke findet sich in dem Ausspruch weder: „Masada darf nie wieder fallen.“ Eine Erkenntnis, die unserer Gruppe an einer anderen Stelle unserer Reise noch einmal begegnen würde.

Nachdem wir wieder an unseren Bus zurückgekehrt waren, ging es weiter nach Jerusalem. Natürlich nicht, ohne noch einen kurzen Abstecher ans Tote Meer zu machen.

Fünf Übernachtungen waren im Paulushaus gegenüber des Damaskustores, das direkt in die Altstadt führt, und damit in unmittelbarer Nachbarschaft des arabischen Viertels vorgesehen. Nicht nur die engen und verwinkelten Gassen der Altstadt, die vielen Händler in ihren Läden und das Gewirr an unterschiedlichen Stimmen hatte eine beeindruckende Wirkung auf uns, auch die hohen Sicherheitsvorkehrungen werden uns in Erinnerung bleiben. Die Vielzahl an jungen bewaffneten Soldaten (der Wehrdienst für Männer dauert drei Jahre vom 18. bis zum 21. Lebensjahr, für Frauen zwei Jahre vom 18.bis 20. Lebensjahr) in den Straßen und die Sicherheitsschleusen rings um die Klagemauer muteten fremd an, gehören in Jerusalem aber zum Alltag. Letztlich tragen sie erheblich zum Sicherheitsgefühl bei.

In Jerusalem selbst stand neben dem Besuch der Klagemauer natürlich die Besichtigung der Anlage der Al Aqsa-Moschee und des Felsendomes, die beide leider nur von Moslems betreten werden dürfen, an. Außerdem wurden der Ölberg, der Garten Getsemani, die Grabeskirche und die Via Dolorosa erkundet. In der Nähe des Ziontores besuchten wir die von deutschen Benediktinern geführte Dormitio-Abtei. Dort trafen wir mit Pater Elias zusammen, der uns über die Arbeit der Bruderschaft vor Ort informierte. Er machte deutlich, wie schwierig das Leben insbesondere für palästinensische Christen im Land ist, die unter der schwierigen politischen Situation am meisten zu leiden hätten.

Dem Besuch der Gedenkstätte Yad Vashem räumten wir besonders viel Zeit ein. Wir starteten die Besichtigung mit der Erkundung der Außenanlagen: die Allee der Gerechten, deren Bäume von Menschen wie Oskar Schindler gepflanzt wurden, das Labyrinth, das die europäische Landkarte nachzeichnet und allen jüdischen Gemeinden einen Namen gibt, die im Dritten Reich vernichtet wurden, und der Reichsbahnwagon, der auf Gleisen ins Nichts zu fahren scheint. Unvergessen bleibt das Bild, das unser Reiseleiter wach rief, um die Dimension der 6 Millionen getöteten Menschen zu erfassen: „Wenn ihr nachts den wolkenfreien Sternenhimmel betrachtet und dies über 300 Nächte wiederholt, dann habt ihr etwa eine Vorstellung davon, wie groß die Zahl 6 Millionen ist.“

Dieses Bild begleitete mich, als wir schließlich die Gedenkstätte der 1,5 Millionen getöteten Kinder betraten. In einem dunklen Raum leuchteten Kerzen, deren Flammen von mehreren Spiegeln scheinbar unendlich oft gespiegelt wurden. Gleichzeitig lief im Hintergrund ein Tonband, das abwechselnd in englischer, hebräischer und jiddischer Sprache den Namen, den Wohnort und das Alter ermordeter Kinder nannte. Eindrücke, die nahe gingen.

Unser Reiseleiter erklärte uns auch, warum Yad Vashem so wichtig für den israelischen Staat ist. Denn die Gedenkstätte wurde ursprünglich als Mahnmal für alle Israelis gegründet. Nie wieder sollte zugelassen werden, dass dem eigenen Volk Unrecht widerfahren würde. Erst im Laufe der Jahre hat sich die Intention gewandelt, so dass heute auch das Gedenken an die Verfolgten im Fokus steht.

Am Vortag des traditionellen Laubhüttenfestes, einem der wichtigsten jüdischen Feiertage, kam es zu Unruhen in Jerusalem. Auf dem Ölberg hatten israelische Soldaten einen Palästinenser erschossen.

Die Stadt war voll von jungen Militärs. Über dem arabischen Teil der Altstadt stiegen dicke, schwarze Rauchwolken auf. Ein Zeichen für den arabischen Teil der Bevölkerung, dass es Schwierigkeiten gibt. Unsere Reisegruppe verfolgte die Hubschrauber von der Dachterrasse unserer Unterkunft aus. Im Laufe des gesamten Abends ertönten immer wieder Schüsse, die wir zu orten suchten. Ein leicht unbehagliches Gefühl machte sich breit, denn am nächsten Tag stand der Besuch der Palästinensergebiete an: Wir fuhren nach Bethlehem.

Um nach Bethlehem zu kommen, muss man einen Checkpoint durchqueren. Als erstes fiel hier die hohe Mauer auf, die das Land teilt. Schriftzüge machen deutlich, was sich die Menschen hier wünschen. „Berlin `89“ – der Fall der Mauer…

Gleich nach dem Checkpoint, den wir mit unserem Bus überquerten, sammelten wir unseren Reiseleiter für diesen Tag ein. Das war notwendig, da Israel seine Staatsbürger nicht in die Palästinensergebiete ausreisen lässt – die Gefahr ist zu groß - und unser bisheriger Reiseleiter daher nicht mit uns fahren konnte.

Wir sahen an diesem Tag das Hirtenfeld, die Geburtskirche und auch die Katharinenkirche. Am Nachmittag waren wir mit einer Gruppe junger Palästinenser verabredet. Diese besuchten das Arab Education Institute, eine so genannte NGO (Non Governmental Organization), die sich zum Ziel gesetzt hat, durch das Verstehen der eigenen kulturellen Wurzeln Verständnis für andere Kulturen zu fördern und so langfristig Weichen für ein friedliches Miteinander der Menschen in der Region zu sichern.

Im Gespräch mit den jungen Frauen und Männern wurde schnell klar, dass die Unterschiede zwischen ihnen und uns gering waren. Deutlich wurde aber auch, dass das Vertrauen in die gerade erneut angelaufenen Friedensverhandlungen nicht sehr groß war. Unverständnis für die Politik Israels mit Blick auf die Schließung der Grenzen war allseits zu spüren.

Am folgenden Tag verließen wir Jerusalem. Unsere Reise führte uns über Nazareth, wo wir die Verkündigungskirche besuchten, über die Kreuzfahrerstadt Akko am Mittelmeer an den See Genezareth, wo wir die letzten beiden Tage in einem Kibbuz untergebracht waren. Weitere Stationen unserer Reise, die wir von dort aus erreichten, waren die Golanhöhen, Kafarnaum und Tabgha.

Im Kibbuz selbst wurden wir in das alltägliche Leben integriert und nahmen unsere Mahlzeiten mit dessen Bewohnern ein. Eine kurze Führung durch das Gelände verschaffte uns einen Überblick über die Arbeit, die dort geleistet wird, aber auch die Probleme, mit denen sich die Menschen konfrontiert sehen. Wichtiges Thema ist die Wasserknappheit des Landes, die sich insbesondere im sinkenden Wasserspiegel des Sees Genezareth, dem größten Wasserreservoir, zeigt.

Was aber vom Kibbuz besonders in Erinnerung bleiben wird, ist die Gastfreundschaft, die uns entgegen gebracht wurde. So hatte man speziell für uns die deutsche Flagge gehisst!

Nach einer Woche Israel bleibt der Eindruck eines Landes, das durch Gegensätze geprägt ist und dessen Entwicklung auch in Zukunft spannend bleiben wird. Eine Reise dorthin lohnt sich auf jeden Fall immer wieder.

Yvonne Noll

Jugendarbeit im BDKJ

Rund 30.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Hessen engagieren sich ehrenamtlich in der katholischen Jugendarbeit. Die unterschiedlichen Jugendverbände und Gruppen gestalten ihre Arbeit selbstbestimmt, demokratisch und am Evangelium Jesu Christi orientiert.

Zum BDKJ Hessen gehören die Diözesanverbände Fulda, Limburg und Mainz.